Eine kleine Geschichte zum Erntedank

Von Carsten Ledwa

Zwei Söhne eines Adligen gingen an einem Kornfeld entlang. „Sieh doch“, rief der eine „welcher Unterschied bei diesen Halmen sich hier zeigt! Sieh nur, wie hässlich diese sich neigen und wie schön gerade dagegen jene stehen!“

„Allerdings!“ erwiderte altklug der andere, „wenn ich der Bauer wäre, all diese hier, die sich beugen, risse ich aus und würde sie wegwerfen.“+

„Schön dumm wäre ich, wenn ich das täte“, belehrte sie der Bauer, der ihnen unbemerkt zugehört hatte. „Wisst, ihr jungen Männer, eben die Ähren, die euch so missfallen, sind die besten. Sie neigen sich, weil sie schwer an Körnern sind. Jene hingegen sind – leeres Stroh. Überhaupt merkt euch das: Auch unter den Menschen geht es oft zu wie auf einem Kornfeld. Der leere Kopf trägt sich immer höher als die übrigen.“

Wir feiern wieder das Erntedankfest und verneigen uns dabei voller Dankbarkeit und Ehrfurcht vor Gott, dem Schöpfer und Erhalter des Lebens – eben weil wir keinen leeren Kopf haben, den wir hochmütig hoch tragen.