Denk mal: Retten, löschen, bergen, schützen

Predigt zum Gottesdienst bei der Freiwilligen Feuerwehr in Quelle, 10. Mai 2015

Von Matthias Dreier

Unser Leben ist immer und immer wieder beides: Abschied nehmen und neu anfangen, neu anfangen und wieder Abschied nehmen. Beides: Abschied nehmen und Neuanfang sind wiederum verbunden mit Trauer und Zuversicht, mit Dankbarkeit und Freude.

Immer wieder gilt es loszulassen: schon nach den ersten neun Monaten unseres Lebens müssen wir den Ort der geradezu paradiesischen Geborgenheit verlassen. Und wie wichtig für das weitere Leben, wenn da Menschen sind, die das Gefühl von neuer Geborgenheit vermitteln: für das Kind der Tag der Geburt ein Muttertag und auch ein Vatertag. …

Die Phase der Kindheit müssen wir loslassen um Erwachsen zu werden. Unsere Eltern müssen wir innerlich loslassen, um uns an der Seite eines anderen Menschen je neu zu finden. Und so geht es weiter und schließlich müssen wir – österlich gesprochen – dieses endliche Leben loslassen, um neues, nicht mehr vom Tod gedrohtes Leben in der unendlichen Dimension Gottes zu finden. …

Unser Leben in der Dialektik von Abschied nehmen und neu anfangen ist zugleich die Suche nach Orten der Geborgenheit. Dafür steht im wörtlichen und symbolischen Sinn das „Haus“. Und wie Häuser der Geborgenheit gebaut werden – im christlichen Sinne – das haben wir gerade gesungen (Anm.: EG 667 „Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht“).

Gut ökumenisch findet sich dieses Lied im Evangelischen Gesangbuch und im Katholischen Gotteslob. Und mit Blick auf die religiöse Dimension unseres Lebens ist Häuser bauen im Sinne dieses Liedes: Brot teilen, Not lindern, eine Hand halten, Kleider schenken, Trost geben, Schmerz teilen, Leid tragen – so baut Gott Häuser durch uns für andere und darin auch immer für uns selber.

Dieses Lied könnte und soll heute so etwas wie eine „Hymne der Feuerwehr“ sein, denn all das geschieht beim Löschen, Bergen, Retten und Schützen. Apropos Feuerwehr: Loslassen muss auch die Freiwillige Feuerwehr Quelle, nämlich das Anno 1952 „modernste und schönste Feuerwehrgerätehaus des ganzen Landes“, um die freie Presse vom 14. Juni 1952 zu zitieren.

Im Frühjahr nächsten Jahres soll das mehr als 60 Jahre alte abgebrochen werden und so ein neues entstehen. Und hoffentlich ist dann auch in der Tagespresse wiederum zu lesen: in Quelle steht nun „das modernste und schönste Feuerwehrgerätehaus des ganzen Landes“. Das hättet ihr verdient!

So ist dieser „Tag der offenen Tür“ auch so etwas wie ein Abschiednehmen, um das Neue bald begrüßen zu können. Und so liegt über diesen Tag ein Hauch von Trauer und Traurigkeit, sind doch mit diesem Haus so viele Erinnerungen und mit ihnen Menschen und ihre Schicksale verbunden.

So liegt über diesem Tag aber auch ein Hauch von Freude auf das, was hier gebaut wird und neu entsteht – eben ein Haus, ein Ort der Geborgenheit auch und besonders für die, die bergen, löschen, retten und schützen.

Auf diese Weise wird und werden Häuser der Geborgenheit gebaut. In dieses Häuserbauen werden wir auch als Christen mit hineingenommen, wann und wo auch immer es geschieht, dass Not gelindert, eine Hand gehalten, Kleider geschenkt, Trost gegeben, Schmerz geteilt und Leid getragen wird – ob in den französischen Alpen, ob in Nepal, ob in Sachsen-Anhalt, ob in Bielefeld-Quelle; ob in Uniform oder in Zivil: Wo all das geschieht „hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut.“

Amen