Denk mal: Gott hört nicht auf zu lieben

Ansprache vom 26.12.2018 über Jesaja 7, 10-14

Von Claudia Boge-Grothaus

Und der Herr redete abermals zu Ahas und sprach: Fordere dir ein Zeichen vom Herrn, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe! Aber Ahas sprach: Ich will’s nicht fordern, damit ich den Herrn nicht versuche.

Da sprach Jesaja: Wolan, so hört, ihr vom Hause David; Ist’s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen?

Darum will euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuale, das heißt „Gott mit uns“.


Liebe Gemeinde,

schwere Bibelkost nach schwerem Essen in den letzten Tagen. Leicht Verdauliches wäre schöner gewesen. Beschwingt, fröhlich, so wollen wir es haben in den Weihnachtstagen. Zusammen mit den Lieben sitzen, plaudern, sich über gute Zeiten austauschen und die schweren Tage aus dem Gesichtsfeld verbannen.

Innehalten, den Lichterglanz und die Gemeinschaft ins Herz lassen.

Keine Angst, so schwer wird es nicht werden, aber so idyllisch wie auf den Feldern von Bethlehem mit Krippe und Schafen wie hier vorne zu sehen, eben auch nicht. Der zweite Weihnachtstag ist etwas für die Tiefe, für das, was hinter der Idylle steht.

Eine der zahlreichen messianischen Weissagungen erklang uns eben aus dem Jesajabuch. Zu Beginn sangen wir im Lied vom Reis, das aus einem Stamm Isais hervorbricht. Der Prophet Jesaja hat viele solcher Worte. Sie alle weisen aus der damaligen Zeit weit hinaus in die Hoffnung auf einen Messias, einen Retter. Immanuel, Gott mit uns, soll er heißen. Jesus nennen wir ihn, aber sein zweiter Name ist Immanuel.

Um ihn geht es, um die Prophezeiung von Gottes Friedensreich auf Erden.

Doch noch herrscht Kriegszustand, damals, als Jesaja diese Worte spricht. Bruderzwist zwischen dem Königshaus David/Juda und dem Haus Israel/Ephraim. Kann man nachlesen, vielleicht, wenn der letzte Weihnachtsbraten gegessen ist, In den Königsbüchern...

Kurz vor unserer Textstelle hat Gott genug von all dem Zank dem Streit und der Gottesvergessenheit seiner Menschen im Heiligen Land. Er schickt die Feinde Judas in die Schlacht. Ihr Sieg soll dem Haus David, König Ahas, einen Denkzettel verpassen. Doch noch wäre Zeit. Und deshalb schickt Gott erst einmal den Propheten Jesaja ins Rennen. Nur mühselig ist dieser bereit, die unbequemen Worte zu sagen. Und er wird Recht behalten: Ahas und mit ihm die Menschen dort, sie wollen nicht hören.

Einen letzten Versuch startet Gott, aber Ahas will nichts davon wissen. Keine Zeichen der Welt können ihn zur Umkehr bewegen, noch nicht einmal die schwangere Jungfrau.

Gott ist es leid. Und so nimmt das angekündigte Unheil seinen Lauf: Das Volk zerfleischt sich im Bruderkrieg und wird schließlich in die Babylonische Gefangenschaft geführt.

Aus, vorbei.

Mehr als 2700 Jahre später reiben wir uns verwundert die Augen: Von wegen aus und vorbei: Das Volk Israel gibt es, Gott sei Dank (!) nach wievor und auch den Glauben konnte noch niemand zerstören, nicht einmal der Holocaust vor 80 Jahren.

Gott hat mehr vor, als sich die Menschen damals vorstellen können. Seine Zeichen sind: Liebe, Erbarmen und

die Erfüllung der uralten Prophezeiung: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel, das heißt „Gott mit uns“.

Ein außergewöhnliches Ereignis, etwas nie dagewesenes ist im Stall von Bethlehem geschehen. Vor dem Hintergrund der Prophezeiung des Jesaja erscheint es uns heute Morgen am 2. Weihnachtstag in einem ganz anderen Licht.

Außergewöhnlich, weil Gott zu uns in unlogischen, fern unserer Realität angesiedelten Bildern zu uns spricht.

Wer kann das schon ganz verstehen, wie das mit der Jungfrau gemeint ist. Und wer kann es ganz fassen, dass Gott im Immanuel Fleisch geworden ist, wie es uns beim Evangelisten Johannes (Das Wort ward Fleisch und wohnte mitten unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. Joh 1,14a) überliefert ist?

Rätselhaft, magisch, hell und dunkel zugleich, geheimnisvoll und ganz offenbar in einem Atemzug.

Das eine Jungfrau schwanger wird, ist für König Ahas zu unwahrscheinlich. Gott scheint es nicht zu geben, deshalb will er auch kein Zeichen haben. Er meint, er müsse für sich alleine gegen die Feinde kämpfen.

Dass eine Jungfrau schwanger wird, ist heute für viele genauso unwahrscheinlich wie das es Gott gibt und dass dieser Gott auch noch im Jesuskind zur Welt kam.

Gott ahnt das, und der Prophet weiß es: Ihr werdet es sowieso nicht glauben, egal wie realistisch mein Zeichen auch sein wird.

Gott ist müde, Gott ist modern gesprochen, depressiv angesichts der Nutzlosigkeit seines „Mit den Menschen“ Sein.

Was hat Gott nicht alles angestellt, geredet, gehofft. Und die Menschen machen weiter, als gäbe es weder die Arche Noah, die Rettung vor dem Pharao, weder die 10 Gebote noch sonst eine Geschichte der Hoffnung mit seinem Volk, mit seinen Menschen, mit uns heute.

Nein, Gott hat kein Problem mit Zweiflern. Jesaja wird trotz seines Zweifels am Gelingen seines Auftrags berufen. Auch das kann man in einer ruhigen stunde im Kapitel vorher nachlesen.

Gott ist müde geworden, weil die Menschen ihn zur Verzweiflung bringen. Immer wollen sie etwas von ihm, aber dann ist es nie genug, niemals reicht es und am Ende wenden sich die Menschen ab und suchen sich neue Götter, neue Spielwiesen.

Wir zeigen gerne auf die anderen. Der Bruderzwist zwischen Palästinensern und Israelis zum Beispiel. Dabei haben wir als Christen nur zu gerne vergessen, dass die anderen auch Christen sind, die oft genug auch heute noch Feinde genannt werden: Im ersten und im zweiten Weltkrieg standen sich Brudervölker unversöhnlich gegenüber. Und jetzt droht mit dem Brexit der Nordirlandkonflikt wieder neu aufzuflammen. Ganz zu schweigen von dem Krieg in der Ostukraine: Da stehen sich auch zwei Brudervölker (im Glauben und Kultur) gegenüber.

Nein, Gott hat allen Grund, müde zu sein. Denn wir haben das Zeichen gesehen, das Jesaja noch ankündigt und feiern es seit ungefähr 2017 Jahren jedes Jahr an Weihnachten: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel, das heißt „Gott mit uns“.

Und trotzdem hören wir nicht auf, unsere eigenen Wege zu gehen. Wir gehen immer wieder in den Bruderzwist und setzen unsere eigenen Ziele auf Kosten von Mitmenschen, Andersdenkenden, Umwelt und Schöpfung durch, koste es was es wolle.

Wenn ich Gott wäre, wäre ich auch müde. Ich würde resigniert abwinken und so Sachen sagen wie „Dann sollen sie doch sehen, wo sie bleiben. Lass sie doch ihren Sch... alleine machen...

Gut dass ich nicht Gott bin. Gut, dass Gott nicht aufhört, seine Menschen zu lieben: Sein Volk Israel zu allererst und die Menschen auf der ganzen erde, die ganze Schöpfung sowieso.

Woher ich das weiß?: Na, schaut doch, hier in der Krippe, im Stall, liegt er der Beweis: Immanuel, wie es der Prophet Jesaja gesagt hat. Braucht es noch mehr? Nein. Also, packen wir’s an: Ab Morgen eine bessere Welt, was sage ich: gleich heute fangen wir an mit dem Frieden.

Amen