Johannes der Täufer - unser Namenspatron

Von Carsten Ledwa

Zwei Zeigefinger haben es in der Kunstgeschichte zu einer überragenden Bedeutung gebracht. Da ist einmal der Zeigefinger Gottes bei der Erschaffung des Menschen, gemalt von Michelangelo auf den Deckengewölben der Sixtinischen Kapelle. Der Zeigefinger Gottes berührt fast den Zeigefinger Adams. Der Abstand ist also gewahrt, aber der Funke scheint überzuspringen.

Den zweiten berühmten Zeigefinger finden wir auf dem von Matthias Grünewald gemalten Isenheimer Altar. Der überlange Zeigefinger Johannes des Täufers weist auf den gekreuzigten Jesus Christus hin.

Nach Johannes dem Täufer ist unsere Kirchengemeinde benannt. Die vornehmliche Aufgabe von uns Christen, die Aufgabe der Kirche(ngemeinde) besteht darin, auf den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus hinzuweisen. Wir sollen ihn bezeugen.

Die Wahrheit Gottes und die Wahrheit des auferstandenen Jesus Christus können wir nicht beweisen in der Art und Weise wie die Mathematiker und Naturwissenschaftler ihre Wahrheiten zweifelsfrei beweisen. Die Wahrheit der Bibel wird bezeugt und soll überzeugen.

Die Kette der Zeugen ist nie abgerissen. Im Zirkus Roms, in den Löwenkäfigen ums Mittelmeer nicht, durch die Entdeckungen des Kopernikus und des Galilei nicht, nicht durch Darwin und nicht durch Sigmund Freud. In Auschwitz und im Archipel Gulag nicht. Sie ist nicht zerrissen durch den Reichtum der Kirche, durch Macht und Machtmissbrauch der Bischöfe und Priester nicht.

Die Kette der Zeugen hat gelitten und stand unter erheblichen Zerreißproben - aber sie hält immer noch. Die Wahrheit des christlichen Glaubens besteht nicht aus Beweisen und Richtigkeiten, sondern erweist sich in Zeugnissen und Lebenserfahrungen.

Jesus ließ sich von Johannes dem Täufer taufen und trug uns auf, Menschen zu taufen. Jedem, jeder Getauften wird zugetraut, Jesus Christus zu bezeugen. Was wir von Jesus Christus hören und sehen in dieser Welt ist uns ein Licht auf unserem oft so dunklen Weg.

Im bescheidenen Schein dieses Lichtes fängt vielleicht so mancher an zu fragen. Wird vielleicht so manche getröstet und ruhiger. Wacht vielleicht so mancher auf aus seinem Dämmerschlaf und wird unruhig. Wenn Jesus Christus kommt, wird es endlich Tag sein. Dann brauchen wir die Kirche nicht mehr, keine Predigt und keine Diakonie mehr. Sehnt sich die Kirche nach dem Kommen Jesu Christi, sehnt sie sich genau genommen danach, überflüssig zu werden. 

Johannes der Täufer, der die Aufgabe der Kirche veranschaulicht, sagte über Jesus Christus: Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen (Johannes 3, 30). Deshalb feiern wir seine Geburt nach der Sonnenwende am 24. Juni, wenn das Licht abnimmt. Genau entgegengesetzt zur Geburt Jesu Christi nach der Sonnenwende am 24. Dezember, wenn das Licht wieder zunimmt.