Zueinander - miteinander - füreinander

Von Matthias Dreier

(Auszüge aus der Predigt im Gottesdienst zum Gemeindefest am 30. Juni 2013)

... Zu den Höhepunkten unseres Urlaubs gehörte eine Wanderung zu einer über 125 Jahre alten Schutzhütte und dann der weitere Anstieg auf den 2.568 m hohen Gipfel. Dort stand ein schlichtes, ca. 3 m hohes Metallkreuz. Das Kreuz trug die Aufschrift: "Gottes ewiges Programm: Berge führen zueinander / miteinander / füreinander."

Setzen wir für das Wort "Berge" die Worte "Religionen", "Kirchen" und "Gemeinden" ein, so haben wir ein Motto für diesen Tag und über diesen Tag hinaus: "Gottes ewiges Programm: Religionen, Kirchen, Gemeinden führen zueinander / miteinander / füreinander".

Überhaupt ist für mich das Wandern ein gutes Bild für "Christ sein". Als Christen deuten wir unsere Lebens-Wanderung zwischen Geburt und Tod und über den Tod hinaus von der christlichen Religion her, und gehen so unseren Weg mit Gott und zu Gott. Dabei mache ich mir bewusst, dass verschiedene Wege zum Ziel führen. ... Dass ich seit 51 Jahren auf dem christlichen Weg wandere, schließt für mich insofern andere Wege aus, kann ich doch nicht gleichzeitig 2 oder mehr Wege gehen, sondern nur den einen. Wohl aber können sich – Gott sei Dank – Wege kreuzen, parallel verlaufen oder gar ein Stück weit identisch sein. Alle führen zum Ziel, wenn gilt: "Religionen führen zueinander / miteinander / füreinander."

Wer wandert überlegt gut, was zum Wandern unbedingt gehört, welche Ausrüstung und was notwendig und notwendigerweise in den Rucksack gehört und was nicht. Wandern heißt los lassen, zurück lassen und das Hauptsächliche vom Nebensächlichen trennen: Was brauche ich wirklich auf meiner Lebenswanderung?

Eine Wanderung ist schön, aber kein sog. Sonntagsspaziergang. Wandern ist nicht ungefährlich und es bedarf des sicheren und konzentrierten Ganges und Blickes. Die christliche Wanderung hat viel mit Freude zu tun und wenig mit Spaß und sie hat vor allem mit Dank zu tun. Den Weg, den ich gehe, haben andere vor mir bereitet, die Hütte oben haben andere gebaut und sollte ich Hilfe brauchen, werden andere kommen und helfen.

Eine Wanderung bei gutem Wetter und toller Sicht ist fantastisch, aber ein plötzlich aufziehendes Unwetter kann die Natur, an deren Schönheit ich mich gerade noch erfreute und deren Teil ich ja selber bin und bleibe, in kürzester Zeit – bildlich gesprochen - in eine Hölle für mich und andere verwandeln. Das Leben ist und bleibt bedroht: täglich, stündlich, minütlich.

Die Wanderung eines Christen-Menschen besteht im Beten und Tun des Gerechten, wie Dietrich Bonhoeffer es einmal auf den Punkt gebracht hat, und ich darf – sicherlich auch in seinem Sinne - ergänzen: im Feiern.

Im Feiern des Gottesdienstes im Angesichte eines Gottes, der wollte, dass wir sind, und der will, dass wir in Ewigkeit sind ...

Im Feiern heute rund um die Johanneskirche: Feiern für uns und für andere. Letzteres sage ich mit Blick auf den Erlös unseres Sommerfestes für Kinderprojekte in Esteli in Nicaragua. ...

Die Kirchen im Allgemeinen und die unsrige im Besonderen haben schließlich die Aufgabe, Menschen das Wandern im Sinne Jesu zu ermöglichen, alte Wege zu erneuern, auszubessern, oder gar neue Wege anzulegen; mit Schildern eine Orientlierung zu geben; Menschen zu helfen, sich richtig aufs Wandern vorzubereiten. (Stichwort: Ausrüstung und Rucksackinhalt); die Augen zu öffnen für die Schönheit dieser Welt, ohne die Augen vor dem Schrecken zu verschließen; zu helfen, wo Menschen sich verirren oder auf der Wanderung nicht weiter können; Hütten zu bauen als Schutzräume, als Orte des Ausruhens, der Ruhe und Besinnung, der Stärkung.

Gewiss bleiben die Kirchen eingebunden in diese Welt, unterliegen sie rechtlichen und weltlichen Rahmenbedingungen, aber alles Diskutieren und Organisieren darf das eigentliche Ziel, nämlich zu wandern, nicht aus den Augen verlieren.

Liebe Gemeinde, das Bild vom Wandern als Bild für unser "Christ sein" darf jede und jeder gerne weiter meditieren, auf dass "Gottes ewiges Programm" je neu und auch an diesen Tag Wirklichkeit werde: "Religionen, Kirchen, Gemeinden führen zueinander / miteinander / füreinander." So sei es. Amen.