Denk mal: Licht im Advent

Von Claudia Boge-Grothaus

Liebe Gemeinde!
Engelbilder sind in unserer Kirche aufgehängt. Die Malgruppe unserer Kirchengemeinde lädt uns ein, sich Gedanken zu machen über Licht, Engel, Warten, Erwarten und Advent.
Ich habe diese Bilder zum Anlass genommen, meine eigenen Gedanken dazu in ein Bild zu bringen. Hier vorne steht es. Nachher kann man es sich gerne zusammen mit den Engelbildern anschauen.
Anschauen, das habe ich am Dienstag auch mit meinen Konfis gemacht. Wir haben diesen Gottesdienst vorbereitet und die Jugendlichen sollten sich Gedanken machen.
Ein Wald ohne Licht ist hier zu sehen. Es fällt ein Lichtstrahl hinein und erhellt das Dunkel.
Es steht für die Zeit, in der man sich schlecht fühlt und wo es nach und nach wieder besser wird.
Es könnte auch ein Fenster im Regen sein, die dicken Regentropfen perlen an der Scheibe ab, dahinter große Dunkelheit.
Auf jeden Fall gibt es einen ziemlichen Kontrast zwischen Hell und Dunkel, zwischen Gut und Böse, vielleicht.
Die helle Seite zeigt vielleicht ein Tier, das sein Maul aufreißt. Löwe und Lamm liegen beieinander. Vielleicht ist es auch ein Schmetterling.
Das Bild zeigt vielleicht auch zwei unterschiedliche Orte.
Am Tag ist alles hell.
Auf der anderen Seite ist alles dunkel, es regnet. Aber sieh, eine Sternschnuppe kommt in die Dunkelheit.
Ein Strahl mit Hoffnung von ganz weit her, aus der Tiefe des Himmels, vielleicht?

Soweit die Gedanken der Jugendlichen zu diesem Bild hier vorne.

Meine eigenen Gedanken heute, die sich auch mit denen der Jugendlichen decken, beziehen den Leitvers aus dem Lukasevangelium ein: Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Lukas 21,28
Gleichzeitig höre ich auch das „Mache dich auf und werde licht, denn dein Licht kommt“ aus dem Jesajabuch. Und ich höre schon den Ruf des Liedes: >Tragt in die Welt nun ein Licht, sagt ihnen fürchtet euch nicht.<
Zwischen diesem Dreiklang bewegen sich meine Gedanken zu meinem Bild.
Links ist in kräftigen, leuchtendem Gelb- und Weißtönen eine Lichtgestalt gemalt. Mit weit ausgebreiteten Armen oder Flügeln – Engel oder Schmetterling, wer weiß? Sie wendet sich den vor ihnen stehenden Menschen zu. Manche von ihnen sehen zugewandt aus, manche wenden sich ab. Je weiter weg, des do dunkler ist das Bild: Je weiter weg die Figuren stehen, des do weniger Licht erreicht sie. Und doch: Auch in der hintersten Ecke des Gemäldes leuchtet hier und da zwischen den Figuren ein heller Lichtpunkt auf. Vielleicht eine Sternschnuppe? Und wer genau hinschaut, sieht mitten in der Schwärze leuchtendes Blau aufblitzen: Himmelsblau aus weiter Ferne, das aus der Tiefe des Raumes durch alle Sterne und Nächte des Universums seinen Weg in die hinterste Ecke meines Lebens findet.
Auch die scheinbar Abgewandten werden davon erreicht. Vielleicht wenden sie sich ja auch nicht vom Licht ab, sondern es sind die, die das Licht von der Lichtgestalt weitertrage. Manche von ihnen haben bereits ein wenig gelb in ihren Konturen. Sie gehen vielleicht zu denen, die noch nichts davon gehört haben, was bei Lukas geschrieben steht: Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
In meinem Bild ist das alles und auch vieles von den Gedanken der Konfis enthalten: Hell und Dunkel bilden einen Kontrast, es besteht aus zwei Teilen, aber beide bilden erst das gesamte Bild. Wie das Lamm beim Löwen liegt ohne dass der Löwe das Lamm frisst, so kommt das Helle inmitten unserer Dunkelheiten. Gebeugte kommen und werden vom Licht angestrahlt. Sie bekommen neuen Mut und können wieder aufrecht stehen. Und auch das geschieht: Menschen wenden sich ab, wollen nichts vom Licht wissen oder können noch nicht glauben, dass die Traurigkeit ein Ende haben darf. Wenn gerade ein Mensch gestorben ist, unerwartet und nach schwerer Krankheit, dann ist die Trauer unendlich und schwer zu durchbrechen. Dann ist es dunkel.
Und dann kommen die, die das Licht weitertragen, weil Gottes Liebe sie ins Herz getroffen hat. Auch sie sind noch nicht wieder ganz aufrecht, tragen ihre Traurigkeiten noch mit sich rum. Und trotzdem gehen sie los und bringen anderen von dem Leuchten aus ihrem Innersten. Auch ich kenne das aus meiner eigenen Erfahrung. Manches an Traurigkeit lässt mich noch nicht ganz gerade stehen. Und doch kann ich das Licht sehen und weitergeben. Ein Leuchten, das der Engel auf dem linken Bildausschnitt mit beiden Armen - oder sind es Flügel- wie ein Segensgruß Gottes in die Welt aussendet. Oder um es mit dem Psalmgebet von Anfang zu sagen:
>Mache dich auf, werde licht, hell, durchschaubar, wie ein Engel, der das Licht nicht für sich behält, vielmehr durch sich hindurchfließen lässt.<
Oder wie es im Lukasevangelium steht: Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Und es stimmt: Das Licht kommt wie eine Sternschnuppe und setzt sich wie damals über dem Stall heute in und über meinem Herzen fest. Und ich kann mich vorsichtig aufrichten.
Amen